Häkeln | Stricken

Wir brauchen kein Digital Detox, wir brauchen mehr Wolle! (oder Stoff)

Es begann mit schwungvollen Reden in den gängigen Nachrichtenmagazinen. Man bemängelte die Unabhängigkeit des Menschen von digitalen Hilfsmitteln, sehnte sich nach der Renaissance des Offline-Lebens. Kurz darauf starteten die Selbstexperimente: Wer etwas auf sich hielt, lebte für mindestens zwei Wochen ohne Social Devices – natürlich nicht ohne große Ankündigungen und ausschweifende Nachberichte auf den entsprechenden Kanälen.

Seit geraumer Zeit nun ist das Abschalten von Laptop und Smartphones als Störenfriede des sozialen Lebens salonfähig geworden. Seinen Höhepunkt findet der elektronische Entzug dieser Tage in Digital-Detox-Kuren, einem Trend aus der kalifornischen Tech-Hochburg Silicon Valley: In Urlaubsangeboten zur Entgiftung werden elektronische Geräte von den Teilnehmern zu Hause gelassen, um der physischen Welt Platz zu machen. Statt zu surfen und sich durch WhatsApp zu scrollen, darf ayurvedisch gekocht, am Lagerfeuer gesessen, gewandert werden. Und etwas wiederbelebt werden, das als neuster „Social Skill” die aktuelle Medienlandschaft belagert: die Achtsamkeit.

Muss ich das Handy ausschalten, um achtsam zu sein?

Achtsamkeit meint die Fähigkeit, im Hier und Jetzt zu leben und sich selbst und seine Umwelt dabei ganz bewusst wahrzunehmen; Stress wiederum aktiv auszuklammern. Lifestyle-Magazine wie „Flow”, „Ma Vie”, „Happinez” haben sich das Wort auf die Fahnen geschrieben und befassen sich in zahllosen Texten mit der mal mehr, mal minder spirituellen Suche nach dem bewusst erlebten Glück. Doch keine falsche Empörung über unser Augenzwinkern: Das ist ein Trend, den wir bejubeln! Ist es doch wunderbar, dass wir uns nicht von der Informationsgesellschaft erdrücken lassen, sondern vielmehr in uns hinein- und anderen zuhören wollen. Nur liegen Reisen in Begleitung anderer Gebeutelter oder das Ankreuzen von Objekten in einem Magazin, die man beim Spaziergang entdeckte (Was hast du heute gesehen: ☒ einen Spatz ☒ einen bunten Zaun ☒ schneebedeckte Zweige?) schlichtweg nicht in jedermanns Naturell. Nicht die Technologie, nicht der Druck auf Arbeit sind schließlich das Problem, sondern unser Umgang damit. Doch was tun, wenn man auf totale digitale Abstinenz und Ratgeber zum achtsamen Leben gut und gern verzichten kann?

Do more of what makes you happy – ob mit Laptop oder nicht

Die menschliche Geschichte hält die Lösung seit Jahrtausenden bereit: das Hobby. Wer sich mit einer Sache beschäftigt, die Freude macht, darf eine ganz ähnliche Wirkung wie bei einer digitalen Entzugskur oder einem besonders achtsamen Spaziergang beobachten. So kann es während des Nähens passieren, dass das Smartphone Push-Benachrichtigungen noch und nöcher ausspuckt – und wir es schlichtweg nicht zur Kenntnis nehmen. Das Klappern der Stricknadeln bringt derweil das Gedankenkarussell zum Stillstand, Malerei oder Töpfern lassen die Glückshormone tanzen.

Aufbauend darauf starteten wir bei Makerist vor nicht allzu langer Zeit eine Studie, deren Ergebnisse uns regelrecht überwältigten. Über 1.000 Handarbeitsinteressierte hatten wir gefragt, was Handarbeit ihnen bedeute, auch in direktem Bezug auf ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden. 98% aller Befragten verrieten uns, dass sie glücklicher sind, wenn sie einer Handarbeit nachgingen. 88% der Teilnehmer würden Handarbeit sogar ganz bewusst nutzen, um Stress abzubauen.

Aber nicht nur das Gefühl der Belastung könne durch die Tätigkeit mit den Händen ausgeschaltet werden: Mehr als die Hälfte der Befragten bestätigte, durch die kreative Tätigkeit schlechte Angewohnheiten abgelegt zu haben, darunter Rauchen oder übermäßiges Naschen. Eine Teilnehmerin verkündete: „Ganz abschalten, nichts hören, sehen oder nachdenken, total konzentriert. Handarbeit macht glücklich!” Wir pflichten bei! Und rufen zur Revolution des Hobbys auf. Neben angeknipsten Smartphones packen wir wieder bewusst die Dinge an, die uns glücklich machen. Und freuen uns über das i-Tüpfelchen – denn im Anschluss gibt’s bei Facebook sogar mal wieder richtig was zu erzählen.

>> Die ganze Studie gibt’s hier

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