Heute stellen wir euch Lisa Jaspers und ihre #fairbylaw Kampagne vor.
Fair Fashion und Nachhaltigkeit sind momentan in aller Munde und auch ein Thema, dem Makerist sich widmet. Bei der Umstellung des Konsumverhaltens ist es neben dem Kauf von Second Hand Kleidung, Tauschen und der Unterstützung von Fair Fashion eine absolut nachhaltige Variante, sich Kleidung selbst zu nähen. Für euch treffen wir spannende und inspirierende Persönlichkeiten, die sich für faire Arbeitsbedingungen und Umweltschutz einsetzen und als Sprachrohr einer neuen Bewegung funktionieren. Wer diese Menschen sind und was sie bewegt, erfahrt ihr hier.
#fairbylaw – Über die Initative:

Lisa Jaspers // Foto: Joanna Catherine Schroeder
Den Anfang unsere Reihe macht Lisa Jaspers, Gründerin des Shops Folkdays in Berlin und Initiatorin der Kampage #fairbylaw:
Was ist die Kampagne #fairbylaw und was möchtest du damit erreichen?
#fairbylaw ist eine Petition für ein Thema, was mir selbst sehr wichtig ist. Es geht darum, dass aktuell laut deutschem Gesetz die Sorgfaltspflicht für Unternehmen nur in Deutschland gilt. Die sogenannte Sorgfaltspflicht bedeutet, dass Unternehmen dafür haftbar gemacht werden, wenn sie ihren Pflichten nicht nachkommen. Wenn zum Beispiel ein*e Mitarbeiter*in verletzt wird, weil der Arbeitsplatz nicht gut abgesichert war oder ein*e Mitarbeiter*in auf dem Parkplatz angefahren wird, weil die Wegführung unklar ist, dann kann der Arbeitnehmer*in das Unternehmen verklagen, weil es der Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen ist.
Momentan gilt dieses Gesetz aber nur, wenn die Produktionsstätte auch in Deutschland liegt. In der Petition geht es darum, die Sorgfaltspflicht auch international in den Lieferketten auszuweiten. Wenn also z.B. eine deutsche Firma in Bangladesch Kleidung produziert und dort etwas passiert, sollte das Unternehmen nach deutschem Recht zur Verantwortung gezogen werden können.
In anderen europäischen Ländern, wie z.B. in Frankreich oder Großbritannien, gibt es ein solches bahnbrechendes Gesetz schon. Die Unternehmen verpflichten sich dazu, mit angemessenen Maßnahmen Menschenrechts- und Umweltrisiken zu identifizieren und diesen vorzubeugen. Kommen sie dem nicht nach und zieht dies tatsächlich Menschenrechtsverletzungen nach sich, haften sie unter bestimmten Bedingungen. In Deutschland gibt es bislang nur eine freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen.
Ich finde, dass sich auch hier in Deutschland der Staat darum kümmern muss, dass nur Produkte verkauft werden, bei deren Produktion keine Menschenrechte verletzt werden.


Gab es irgendeinen Schlüsselmoment, der dich dazu bewegt hat, die Petition zu starten?
Ich bin immer auf vielen Veranstaltungen rund um das Thema “Fair Fashion” unterwegs. Mich hat schon länger genervt, dass der Diskurs manchmal in eine falsche Richtung geht. Ich habe gemerkt, dass mir in der Debatte um nachhaltige Mode eine wichtige Komponente fehlte – nämlich die politische Dimension.
Oft werden die Konsument*innen und Unternehmer*innen ‘gebasht’. Für mich persönlich ist das ganze jedoch ein Thema der Menschenrechte. Es geht darum, dass Menschen geschützt werden. Und dies ist ein Feld, dass auf staatlicher Ebene bearbeitet werden muss.
Keine*r von uns würde sich darauf verlassen wollen, dass Privatpersonen oder Unternehmen unsere Menschenrechte wahren und sichern.
Was soll sich in der Zukunft in der Modeindustrie ändern?
Manchmal vergessen wir, dass Fast Fashion ein relativ neues Phänomen ist. Meine Beobachtung ist, dass sich die Fast Fashion Industrie in den letzten 15 Jahren stark aufgebaut hat. Es wird immer mehr, immer schneller und günstiger produziert und verkauft. Ich finde diese Entwicklung pervers. Ich gehe nicht mehr in Läden, die Fast Fashion verkaufen, aber wenn ich mich dann doch mal in einen davon verirre, bin ich immer wieder geschockt, wie sehr die Preise weiter nach unten gehen.
Ich hoffe, dass es in Zukunft für Unternehmen wichtiger wird, sich zu positionieren. Aktuell produzieren viele mittelgroße deutsche Unternehmen in denselben Fabriken wie die großen Ketten. Die Qualität ist genauso schlecht, aber die Preise sind natürlich viel höher, weil die Stückzahlen geringer sind. Ich hoffe, dass sich gerade diese Unternehmen stärker differenzieren und auf bessere Qualität setzen. Meine Hoffnung ist, dass sie so noch mehr Menschen davon überzeugen können, lieber weniger, aber mit besserer Qualität zu kaufen.
Aber ich glaube auch, dass das Angebot in der Masse leider noch nicht da ist. Und es ist auch eine Frage des Geldes. Natürlich gibt es Menschen in Deutschland, die sich teurere Kleidung nicht leisten können. Aber sollte man dafür Menschen ausbeten, die sich noch viel weniger leisten können? Das ist für mich auch eine Frage von globaler Gerechtigkeit. Ich war kurz nach dem Zusammenstoß von Rana Plaza in Bangladesch in dem Viertel, in dem die Fabrik vorher stand. Das war einfach unfassbar. Es gab keine Toiletten, die Leute mussten ihre Notdurft im Fluß verrichten. Das Wasser war total verseucht. Wir reden hier wirklich von den ärmsten der armen Länder der Welt.
Warum glaubst du, tut sich die deutsche Politik so schwer damit, Gesetze für fairere Mode zu entwerfen?
Das frage ich mich auch manchmal. Aktuell ist es so, dass das Wirtschaftsministerium und das Bundeskanzleramt ein neues Gesetz – wie #fairbylaw es fordert – ziemlich blockiert. Das finde ich verrückt. Beide Posten sind von der CDU besetzt und die bezeichnen sich als christliche Partei. Für mich ist es das Schlimmste was man machen kann: Zu sagen, Nächstenliebe hört an der deutschen Grenze auf. Das ist für mich wirklich überhaupt nicht nachvollziehbar. Ich würde da wirklich gerne mal fragen, wie sie das mit ihren Gewissen vereinbaren können.
Hast du einen Tipp was jede*r Einzelne tun kann?
Bewusster einkaufen. Das Angebot ist zwar immer noch nicht ausreichend, aber ich würde sagen, nachhaltig und fair einkaufen ist eine Lösung. Man sollte schon darauf achten, dass die Produkte die man kauft, eine hochwertige Qualität haben. Von der Bloggerin DariaDaria gibt es auch eine gute Liste mit Fair Fashion Labels.
Auch sollte man auf die Zusammensetzung achten – ein Wollpullover hält einfach viel länger als ein synthetisches Kleidungsstück. Kleidung hält länger und sieht schöner aus, wenn man sich auch damit auseinandersetzt, wie man sie pflegen kann.
Siehst du irgendwelche positiven Entwicklungen in den letzten Jahren? Es scheint ja so, als sei Fair Fashion und Nachhaltigkeit ein bisschen ein Trendthema geworden.
Als wir vor sechs Jahren mit Folkdays angefangen haben, gab es noch nicht ein so großes Interesse wie jetzt. Ich glaube auch, dass nicht nur in Berlin, sondern auch in anderen Städten besonders die jungen Leute immer bewusster werden, was Kleidung angeht. Ich habe mal in einer Studie gelesen, dass über 90 Prozent der jungen Menschen wissen, wie ihre Kleidung hergestellt wird. Doch anscheinend fehlt noch die Handlungsebene, dann auch nachhaltig einzukaufen. Es ist aber schon ein erster Schritt, sich der Problematik bewusst zu sein.
Es gibt aber auch immer mehr junge Menschen, die nicht darauf aus sind, sich die Tüten vollzustopfen wenn sie shoppen gehen, sondern die sehr reflektiert einkaufen. Das finde ich schön. Ich glaube, wenn schon die junge Generation viel sensibler ist, dann gibt es auch Hoffnung.



FOLKDAYS Store // Fotos: Zoe Spawton
Du selbst hast ja dein eigenes Label Folkdays. Wie stellst du sicher, dass deine Designs fair produziert werden?
Ich habe am Anfang sehr viele von den Produzent*innen persönlich kennengelernt und mir die Produktionsstätten angeschaut. Aber es hängt natürlich auch viel mit Vertrauen zusammen. Die meisten der Produzent*innen machen ihre Arbeit mit sehr viel Herzblut und nicht, weil sie reich werden wollen. Das sind schon ganz besondere Menschen mit einem sehr großen Weitblick, mit dem ich zusammenarbeite, die sich auch in Organisationen betätigen und neue Standards setzen wollen.
Vielen Dank für das Interview!
Wenn auch ihr die Kampagne #fairbylaw unterstützen möchtet, könnt ihr das hier tun. Jede Stimme zählt!
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