Als Plattform für kreative Ebooks und als Teil der Do-It-Yourself-Community ist es für uns ein wichtiger Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit in der Modeindustrie, Kleidung selbst herzustellen. Somit haben wir die komplette Kontrolle über die Art der Produktion und können selbst über unseren Einfluss auf Mensch und Umwelt bestimmen. Nachhaltigkeit in der Modeindustrie ist für uns ein wichtiges Thema, daher haben wir für dich einige Fakten zu Fast Fashion und nützliche Vorschläge dafür zusammengestellt, wie man das eigene Konsumverhalten im Bezug auf Mode neu denken kann.

Auswirkungen von Fast Fashion auf Mensch und Umwelt
Die Modeindustrie ist eine riesiger Industrie-Zweig und aktuell bewertet man ihren Marktwert mit 406 Billionen US-Dollar. Sie beschäftigt entlang der Wertschöpfungskette mehr als 300 Millionen Menschen (Quelle: Fashion United). Inzwischen gibt es allerdings auch eine große Bewegung von Forscher*innen, Wissenschaftler*innen und Aktivist*innen sowie einen wachsenden Themenbereich an Literatur, welcher Folgendes demonstriert: Die aktuelle Mode- und Textilindustrie entwickelt sich immer mehr in eine Richtung, die sowohl umwelttechnisch als auch ethisch das Gegenteil von nachhaltig ist. Alleine schon das Tempo ist unnachhaltig: zwischen den Jahren 2000 und 2016 hat sich die gesamte Textilproduktion verdoppelt. Bis zum Jahr 2014 ist die Produktion auf über 1 Milliarde Kleidungsstücke pro Jahr angestiegen. Das ist Fast Fashion (Quelle: McKinsey).
Nachhaltigkeit wird in der Ökologie unter anderem als das Prinzip definiert, bei dem von einer Ressource nicht mehr verbraucht werden darf, als sie nachwachsen, sich regenerieren und künftig wieder bereitgestellt werden kann. Hierbei geht es zentriert um die Nutzung von Ressourcen: die Bedürfnisse der Bevölkerung sollen durch die Bewahrung der natürlichen Regenerationsfähigkeit der Umwelt gewährleistet werden. Dabei soll auf Ökosystem und Lebewesen Rücksicht genommen werden. Im Bezug auf die Textilindustrie bedeutet das, dass keine Ressourcen genutzt werden, die nicht reproduziert werden können oder welche der Umwelt schaden.

In ihrer aktuellen Form produziert die Textilindustrie mehr Treibhausgasemissionen als alle internationalen Flüge und Seeschiffahrt jährlich miteinander kombiniert. Das sind 1.2 Milliarden Tonnen von insgesamt 33 Milliarden Tonnen pro Jahr (Quelle: Ellen Mac Arthur Foundation). Die Textilindustrie ist außerdem für rund 20% der globalen Wasserverschmutzung verantwortlich (Quelle: Changing Markets).
Wir nutzen und verschmutzen kostbare und vor allem begrenzte Ressourcen so wie Rohöl, Frischwasser und Ackerland, um Textilien für Kleidung zu produzieren. Die durch die Textilproduktion verursachte Verknappung der natürlichen Ressourcen unseres Planeten ist äußerst unnachhaltig und gefährlich.
Der sinkende Preisdruck innerhalb der Modeindustrie und die Produktionsgeschwindigkeit führen oftmals zu schlechten Arbeitsbedingungen wie Überstunden, schlechter Bezahlung und sogar moderner Sklaverei und Kinderarbeit für Textilarbeiter*innen. Die Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie sind innerhalb der Europäischen Union geregelt und sorgen für Mindestlohn und Sicherheitsstandards am Arbeitsplatz, doch viele Firmen lagern ihre Textilproduktion aus der EU aus. Durch dieses Outsourcing können europäische Modemarken auf anderen Kontinenten agieren und somit auch mit anderen Standards und Regulierungen arbeiten. Aus einer sozialen und ethischen Perspektive ist dies absolut nicht nachhaltig. Für einen ersten Schritt in Richtung Wandel müsste man die selben Gesetze und Standards für alle Stadien der Produktion auch über die Grenzen hinweg anwenden. Somit könnte man bereits eine große Veränderung erzielten. Dieser Vorschlag ist die Prämisse hinter der #fairbylaw-Kampagne, welche wir euch hier im Magazin im Interview mit der Initiatorin Lisa Jaspers bereits vorgestellt haben.
Umweltzerstörung durch Konsumrausch
Die Statistiken hinter den negativen Einflüssen auf Umwelt und soziale Aspekte sind mehr als ernüchternd. Was dabei am schlimmsten ist? Es wäre tatsächlich absolut nicht nötig, denn kein Mensch braucht jemals so viel Kleidung, wie aktuell schon im Umlauf ist. Das Ausmaß der Verschwendung und Unverhältnismäßigkeit ist immens.
Wo fangen wir am besten an? Ein Drittel aller heutzutage produzierten Kleidung wird gar nicht erst verkauft (Quelle: SNAZZ) und die zwei verbleibenden Drittel werden nicht gut genutzt. Das liegt unter anderem daran, dass die produzierte Kleidung gar nicht erst den Geschmack der Kund*innen trifft. Aber anstatt die Kleidung anderweitig zu nutzen, verbrennen die Menschen sie. Der Wert dieser Kleidung, welche durch Überproduktion anfällt und nicht verkauft wird, beträgt jährlich rund 35 Milliarden Euro.

Im Durchschnitt kauft in der heutigen Zeit jeder Mensch 60% mehr Kleidung als noch vor 15 Jahren und behält sie nur halb so lange wie damals. Wie oft ein Kleidungsstück mittlerweile vor seiner Entsorgung getragen wird, ist auf sieben bis zehn mal gesunken (Quelle: McKinsey). Kleidung die heutzutage produziert wird, wird nicht genug (oder manchmal gar nicht!) benutzt und endet entweder in der Verbrennungsanlage oder wird auf einer Deponie entsorgt – mit der alarmierenden Geschwindigkeit von einem Mülltruck pro Sekunde (Quelle: Ellen Mac Arthur Foundation).
Das ist die dunkle Seite von Fast Fashion. Leicht zugänglich und schnell zu kaufen und genau so leicht und schnell zu entsorgen.
Was ist hier also unsere Verantwortung als Konsument*innen? Wie können wir das Denken und den Konsum dahingehend ändern, dass wir Mode nachhaltiger machen?
Konsumverhalten im Bezug auf Mode neu denken

Eine clevere Neuinterpretation von Maslow’s Hierarchie der Bedürfnisse (Hierarchy of Needs) ist das Konzept der ‚Buyerarchy of Needs‘, visualisiert von der kanadischen Illustratorin Sarah Lazarovic (Quelle: Sarah Lazarovic). Die Buyerarchy wurde ursprünglich entworfen, um ein Konzept von Geldmanagement zu visualisieren. Es lässt sich allerdings genau so gut auf den Konsum von Mode anwenden. Wenn wir unser Geld als Konsument*innen sparen, indem wir weniger und vor allem anders konsumieren, und dabei unser Konsumverhalten überdenken, können wir die Fast Fashion Industrie nachhaltig entschleunigen.

Hierfür ist ein neuer Handlungsansatz nötig: Wir sollten uns von dem Denken entfernen, dass Kleidung zu jeder Zeit verfügbar ist und keinen Wert hat. Vielmehr sollten wir Kleidung als Investition betrachten. Der einfachste und größte Schritt, den wir als Konsument*innen machen können, ist es, zu nutzen was wir bereits besitzen und diese Dinge vor allem länger benutzen. Indem wir einfach die Nutzungsdauer unserer Besitztümer auf zwei Jahre verlängern, könnten wir die Treibhausgasemissionen bereits um 24% reduzieren (Quelle: Carbon Trust). Dementsprechend können 300 Millionen Tonnen eingespart werden – eine riesige Menge!
Was wir außerdem tun können, ist das Fällen von nachhaltigeren Entscheidungen, indem wir den Umgang mit Mode als Wirtschaft des Teilens betrachten. Immer mehr Menschen realisieren, dass sie ihre Bedürfnisse durch Mode befriedigen können, ohne die Kleidungsstücke explizit besitzen zu müssen. Es gibt immer mehr Initiativen um Kleidung zu mieten, zum Beispiel die Kleiderei oder RE-NT. Hier gibt es Kleidung für eine sehr modebewusste Zielgruppe, bei der der Fokus nicht nur auf Nachhaltigkeit selbst, sondern auch auf Style liegt. Bei diesen Lösungsansätzen wird die Nutzung von Kleidung auf nachhaltigere Weise erhöht, während sie in einem neuen Kreislauf genutzt wird. Kleidung von Freund*innen ausleihen oder tauschen sind außerdem großartige Wege, um den Kauf von Kleidung für einzelne Nutzungsanlässe zu vermeiden.

Erst wenn alle Optionen ausgeschöpft sind (nutzen was man bereits besitzt, tauschen oder ausleihen), sollte man über das Kaufen nachdenken. Hierbei macht es immer großen Sinn, den Kauf von Second Hand Mode in Erwägung zu ziehen. Einst wahllos überquellende und muffige Second Hand Läden haben in vielen Fällen schon längst ein Make-Over bekommen. Gleichzeitig sind inzwischen viele toll kuratierte Second Hand Lösungen wie VinoKilo und PickNWeight aus dem Boden geschossen, wobei Online-Plattformen wie Kleiderkreisel und der Mädchenflohmarkt ebenfalls wunderbare Varianten sind.
Der Kauf von Second Hand Mode war noch nie so einfach, komfortabel und gleichzeitig stilvoll und modisch wie heute – eine fantastische Möglichkeit, den eigenen Stil zum Ausdruck zu bringen. Es ist hierbei wesentlich einfacher, einzigartige Stücke zu finden, als in all den massenhaft produzierten Teilen im Einkaufszentrum.
Eine tolle Erfindung ist die neue App SNAZZ. Damit kannst du organisieren was du kaufen möchtest, indem du vorher deine vorhandenen Outfits hochlädst und somit einen besser Überblick über deinen Besitz und die Kombinationsmöglichkeiten hast.
Laut Vermutungen übersteigt Second Hand Mode bis zum Jahr 2028 den Umfang der Fast Fashion Industrie um ein Anderthalbfaches. Dabei sollen die Gewinne voraussichtlich von 2018 auf 2023 verdoppelt werden (Quelle: Thred Up).
Qualität statt Quantität – Überdenken des Konsumverhaltens
Bei dem Kauf von neuer Kleidung sollten wir Qualität und Fairness zur Grundvoraussetzung machen. Investiere Zeit und Planung und recherchiere vor dem Kauf. Betrachte deine Kleidung als Investition, die einige Jahre halten sollte und beziehe die Produktionsbedingungen bei deiner Kaufentscheidung mit ein. Das bedeutet, gleichermaßen darüber nachzudenken, was du kaufst und wo du es kaufst.
Es gibt so viele Möglichkeiten, bei deiner Kaufentscheidung wirklich eine ethische Entscheidung zu treffen. Du kannst beispielsweise von Fair Fashion und Fair Trade Labels kaufen, du kannst dich für Labels mit Bio-Materialien und ethisch korrektem Umgang mit Ressourcen entscheiden und lokale Designer*innen bevorzugen, bei denen die Produktionskette besser nachvollziehbar ist.
Der Transparency Index (= Transparenz-Index) der Fashion Revolution stellt jährlich einen Überblick über große Einzelhändler und ihren Grad der Transparenz im Bezug auf ihren Produktionsprozess zur Verfügung. Die Sustainable Apparel Coalition (= Koalition für nachhaltige Kleidung) ist außerdem eine super Quelle, um den Umwelteinfluss eines Ladens zu evaluieren. Das Good on You (= Gut gemacht!) Verzeichnis stellt ein ethisches Ranking für Modemarken zur Verfügung – auch als App – und liefert wertvolle Inhalte vor dem Shoppen.
Makers Movement – Einführung der Maker-Bewegung


Der ‚Make‘ Teil der weiter oben dargestellten Pyramide hat für uns als Makerist natürlich von besonders großer Wichtigkeit für uns. Wenn wir über Nachhaltigkeit in der Mode reden, dann bedenken wir gleichermaßen den Einfluß auf die Umwelt wie auch die sozialen Faktoren. Die Maker-Community setzt sich schon per se idealerweise für beide Aspekte ein, denn Maker steigen aus dem klassischen Konsum-Kreislauf heraus und nehmen die Planung, die Beschaffung und die Produktion ihrer Waren aktiv selbst in die Hand.
Hier können wir also die stärkste Verschiebung in der Denkweise vorfinden: Als Maker kommt man von der passiv konsumierenden Rolle in die aktive Rolle des Schöpfers / der Schöpferin. Meta-Level: Es bedeutet, dass man Zeit besser versteht. Die Zeit die es kostet, ein Kleidungsstück zu produzieren. Die Zeit für die Beschaffung der Materialien. Und durch die veränderte Wertschätzung erhöht sich die Zeit, in welcher wir das Stück tragen. Es geht darum, dass es sich nun um ein viel tieferes Verständnis des Konzeptes von ‚Fast Fashion‘ handelt – ein unmittelbareres und übertragbares Verständnis all der vielen Schritte und Stunden, welche für die Produktion eines Kleidungsstückes nötig sind.
Die einzigartige Perspektive der Maker-Community verdient noch mehr Aufmerksamkeit wenn wir darüber nachdenken, wie sich das Konsumverhalten in der Mode Richtung Nachhaltigkeit verschiebt.
Nachhaltigkeit in der Modeindustrie – Was kannst du tun?
Fordere dich selbst heraus! Denke darüber nach, wie deine Beziehung zu Mode und dem Konsum von Kleidung ist und welche Schritte du schon sehr leicht unternehmen könntest, um dein Verhalten als Konsument*in nachhaltiger zu gestalten!
Wir würden sehr gerne hören, wie dein Ansatz zu mehr Nachhaltigkeit und Mode-Konsum ist und ob du noch weitere nützliche Tipps oder Initiativen empfehlen kannst! Melde dich gerne bei uns und lass uns bei Instagram unter dem Hashtag #makerist an deinen Erfahrungen und Ideen teilhaben!