Nähen

Tipps von der Expertin: Jersey-Stoff

Jersey und Webware kombinieren – wie geht das?

Hier kommt es auf den Jersey und das Projekt an. Grundsätzlich kannst du Jersey mit allem kombinieren. Möchtest du beispielsweise ein Sommerkleid oder T-Shirt nähen, dann sind fließendere Stoffe wie leichte Baumwolle, Viskose- oder Seiden-Jersey in Kombination mit leichter Webware ebenfalls aus Viskose, Baumwolle oder Seide schön. Das kann Chiffon sein, Tüll, Voile oder weniger transparent aus Satin oder Kreppstoff. Wer eher an eine Kombination für Taschen denkt, orientiert sich besser an festeren Jerseys wie Romanit, Jacquard, Steppjerseys oder festen Sweatstoffen, die man super mit Kork, Leder und Canvas kombinieren kann. Erlaubt ist, was gefällt.

Was macht dir besonders an der Verarbeitung dieses Stoffes Spaß?

Ehrlich gesagt ist es nicht nur die Verarbeitung, sondern beginnt schon beim Anfassen im Laden und endet mit dem angenehmen Tragegefühl auf der Haut. Jersey ist einfach unglaublich vielseitig und man kann so wunderbar damit experimentieren. Ob fest oder weich – ich finde das Material einfach super bequem, absolut pflegeleicht und es macht jede Bewegung mit. Ich möchte mir morgens nicht überlegen müssen, was ich tagsüber so mache und meine Kleidung daran anpassen. Die Kleidung soll sich meinen Aktivitäten anpassen, egal ob beim Radfahren, im Studio shooten, auf Mauern klettern oder lange am Rechner sitzen. Ich will mich damit angezogen und absolut nicht eingeengt fühlen. Und anders als bei Webware, verzeiht das Material auch mal kleine Nähfehler.

Was ist das Besondere am Material Jersey?

Jersey ist nicht nur „ein“ Material, sondern bezeichnet eine ganze Reihe von Stoffen, die alle zu den Maschenwaren zählen. Wer schon mal gestrickt hat, weiß wie schön weich, dehnbar und dadurch bequem Maschenwaren sein können. Das sind Eigenschaften, die man herstellungsbedingt immer bei Jerseystoffen erwarten kann – mal mehr, mal weniger – je nach Materialzusammensetzung und Herstellungsart. Generell sind Jerseys sehr pflegeleicht und lassen sich universell für alle Arten von Bekleidung einsetzen.

Welche verschiedenen Arten gibt es eigentlich?

Das kann ich nicht in einem Satz beantworten, da es so viele, unterschiedliche Jerseys wie Webstoffe gibt.

Es gibt feste, weiche, glatte, flauschige, extrem dehnbare, solche mit geringer Dehnung und viele, viele mehr. Der bekannteste Vertreter ist sicher der Single-Jersey, denn jeder von uns hat mindestens ein T-Shirt im Schrank. Als kunterbunter Baumwolljersey wird er in Verbindung mit Rippenware (Bündchen) gerne bei Kindersachen vernäht und in der Viskose-Variante eignet er sich super für weich fallende Sommerkleider oder voluminöse Oberteile. Wer es lieber etwas fester mag, greift zum Sweatstoff oder dem leichteren French Terry, die man beide bei Kapuzenjacken, Hoodies und Shorts toll verarbeiten kann. Romanit und Jacquard sind noch eine Spur fester und eignen sich hervorragend für engere Etuikleider mit vielen Teilungsnähten oder für Bleistiftröcke. Hier sollte man aber unbedingt einen Reißverschluss einarbeiten, da die Festigkeit auch eine geringere Dehnung mit sich bringt. Dann gibt es Jerseys aus Naturfasern wie Seide, Wolle, Viskose oder aus synthetischen Stoffen, wie Polyester und Spandex für hochelastische Sport- oder Badestoffe. Auch Nylonstrumpfhosen, Stretch-Samt, Softshell zählen alle weitläufig zu den Jerseys.

Nochmal zur Kinderkleidung. Was eignet sich hier denn genau?

Da kommt es wohl ein bisschen auf das Kind an, also Alter und Bewegungsdrang. Grundsätzlich würde ich empfehlen, nicht die feinsten Stoffe zu wählen, denn die sind schnell durchgescheuert. Baumwoll-Elasthan als Single-Jersey und Bündchenstoff sind super für Kids, da die Zusammensetzung meist etwas stabiler und nicht nur dehnbar, sondern auch elastisch ist. Dafür sorgt der Elasthanfaden im Material.

Auch Sweatstoff ist ein beliebter Begleiter und verzeiht Hinfallen und auf dem Boden rutschen eher als andere Stoffe. Zur Not kann man noch Leder- oder Jeans-Applikationen auf Ellenbogen und Knie aufnähen.

Ein Siegel, dass besonders auf die ökologischen und nachhaltigen Aspekte wert legt ist das GOTS-Zertifikat. Auf Stoffe.de ist nochmal deutlich beschrieben, was das GOTS-Zertifikat ist.

Die auf Makerist erhältlichen Biostoffe sind generell haut- und umweltverträglich und wir viel mehr darauf achten sollten, was wir täglich auf der Haut tragen. Klar sind sie dadurch auch teurer, aber unsere Kinder sollten uns das wert sein – und wir selbst natürlich auch! Dennoch muss man auch hier ein bisschen aufpassen, denn Bio ist nicht gleich Bio. Wer absolut sicher gehen möchte, informiert sich auf der Stoff-Gütesiegel Seite.

Welche Nähmaschine empfiehlst du für die Arbeit mit Jersey?

Als „Manchmal-Näher“ würde ich auf jeden Fall auf die Overlock setzen. Eine super Maschine, die alle Lagen zusammennäht, damit automatisch die Kanten versäubert und – passend zum Material – mit einer elastischen Naht glänzt. Und bitte keine Angst, so kompliziert wie alle immer denken, ist dieses Wunderwerk der Technik gar nicht. Wer übrigens richtig viel mit Jersey näht, sollte sich zur Overlock auf jeden Fall auch eine Coverlock anschaffen. Die hochelastische Doppelnaht ist perfekt für Säume geeignet und sieht zudem richtig hochwertig aus. Wenn du dich nur manchmal an Jersey traust, ist deine normale Haushaltsmaschine aber auch absolut ausreichend.

Was muss eine Haushaltsmaschine können, um Jersey zu verarbeiten?

Eigentlich ist es immer das Dreier-Gespann zwischen Maschine, Füßchen und Nadel. Deine Maschine sollte über eine elastische Naht verfügen. Ein Jerseystich wäre optimal, aber auch ein normaler Zick-Zack oder eine elastische Ziernaht ist okay und an so gut wie jeder Maschine vorhanden. Eigentlich geht es aber mehr um die zusätzlichen Utensilien, die dir das Arbeiten mit Jersey erleichtern.

Du solltest auf jeden Fall Jersey- bzw. Stretchnadeln mit abgerundeter Spitze verwenden, damit der Elasthan-Faden nicht beschädigt wird und keine Löcher in den Stoff gerissen werden. Verwende die dünneren Nadeln (60) für die feinen Viskose- und Seiden-Jerseys und die 70-75 für alle anderen, also besser keine gemischten Päckchen kaufen. Wer nicht sicher ist, startet mit einer 75er Stretchnadel und näht über dickere Stoffe oder viele Lagen einfach etwas langsamer.

Ein Obertransportfuß ist zum Nähen von Jersey übrigens Gold wert – und leider auch fast so teuer. Dennoch eine super Investition, die ich wirklich Jedem ans Herz legen würde. Mit diesem Hilfsmittel wird der Stoff auch von oben transportiert und es gibt keine unschönen Wellen vor dem Füßchen. Alles andere ist einfach ganz viel Übung.

Eignet sich Jersey für Anfänger-Projekte oder ist es besser für Fortgeschrittene?

Ich würde das gar nicht so schwarz-weiß sehen. Für mich sind Jerseys viel leichter zu verarbeiten als so flutschige Stoffe wie Satin oder Chiffon. Sweatstoff kann man beispielsweise in Längsrichtung sogar mit einem normalen Geradstich nähen, da man hier keine Elastizität braucht. Es ist also immer Ansichtssache und geht vielmehr darum, das richtige Equipment zu haben und Lust auf das Projekt. Wenn das passt, kann man alles schaffen. Generell ist meine Empfehlung daher immer: neugierig sein und ausprobieren. Tipps und Tricks bekommt ihr ja in unseren Kursen!

I Love Jersey!

So heißt das neue Buch von Swantje, in dem du wirklich alle Tipps und Tricks rund um das Thema Jersey findest! Ob Nähanfänger oder fortgeschritten: 14 wunderbare Näh- und Upcycling-Projekte zeigen wir, was du alles mit dem Stoff-Allrounder Jersey machen kannst.

ISBN: 978-3-86355-709-6
Preis: 14, 99 Euro (D) / 15,50 Euro (A) via EMF Verlag


What You Sew Is What You Get!

Swantje Wendt ist Damenschneiderin, studierte Modedesignerin und Gründerin des Nadelwald Co-Sewing Space in Berlin. Als Trainerin bei Makerist teilt sie ihr Wissen mit dir, schreibt Bücher, entwift Anleitungen und illustriert. Besuche auch die Homepage der Allrounderin an der Nähmaschine!

Tags: